Architekten geht in Position und verbreitet keine Allgemeinplätze

Es ist erstaunlich, in welche (mentalen) Schubladen sich Architekten manövrieren. So etwa bei der Beschreibung ihrer Arbeit oder wenn es darum geht, das Besondere ihrer Architektur herauszustellen. Gemeint sind nicht Leistungsbereiche wie z.B. Wohnen, Gewerbe, Kitas oder LP 1-9. Es ist das Selbstverständnis, das sie nach außen kommunizieren (möchten). Es folgen einige Beobachtungen sowie ein Auszug aus einem Beratungsgespräch mit einem jungen Architekten.

Foto: Ausschnitt Les Quartier Central, Düsseldorf, © Ute Latzke

Foto: Ausschnitt Les Quartier Central, Düsseldorf, © Ute Latzke

Wer Texte auf Websites von Architekten liest, stolpert über diesen Satz „Die Konzentration aufs Wesentliche steht im Mittelpunkt unserer Arbeit“. Oder „Unser Fokus liegt auf einer minimalistischen Formensprache, die sich aufs Wesentliche konzentriert.“⁠ Ertappt?⁠⁠ Wesentliches im Blick zu haben, ist löblich, aber keine Alleinstellung. Das könnte auch von einem Anwalt oder Steuerberater stammen. Ich weiß: Gemeint ist die Gestaltung von Architektur – also schlichtes, ästhetisches Bauen ohne Zierrat. Das schreiben sich nahezu alle auf ihre Fahne. Schaut mal beim Mitbewerber nach.

Bei rund 40.000 Architekturbüros in Deutschland wird die Luft nach oben dünn. Die Zielgruppe (private, gewerbliche und öffentliche Bauherren) hat die Wahl. Es wird immer schwieriger, als Büro einfach so gefunden oder angefragt zu werden. Falls doch: Glückwunsch. Aber dass Folgeaufträge kommen wie bei den großen Playern, ist sicher die Ausnahme. Wettbewerbe? Ja, ist eine Option. Bei 8 bis 20 eingeladenen Teilnehmern sind die Chancen auf Sieg überschaubar. Bei einem offenen Verfahren stehen diese noch schlechter. Und nicht zu vergessen die bis zu 1000 Mann-/Fraustunden, die Architekturbüros in Wettbewerbe investieren.

Ihr räumt regelmäßig 1. Preise ab? Heißt gar nichts: Ein guter Kunde von mir (Berliner Architekturbüro) hatte 2017 einen Wettbewerb gewonnen für ein Officeprojekt. Der Entwurf ist wirklich schön und herausragend. Was passiert? Der Bauherr entscheidet sich letzten Endes dagegen und realisiert den drittplatzierten Entwurf. Das Konzept auf dem 1. Platz war ihm dann doch „zu unkonventionell”. Wie Planer wissen: Praxisalltag.

Positionierung als (Architekten)Marke

Es gilt sich klar zu positionieren über die Leistung, wichtiger noch über Alleinstellung, Werte sowie die Charaktere mit ihren Besonderheiten. Dazu eine Definition: „Die Positionierung im Marketing bezeichnet das gezielte, planmäßige Schaffen und Herausstellen von Stärken und Qualitäten, durch die sich eine Marke – ein Unternehmen/eine Organisation, ein Produkt oder eine Dienstleistung – in der Einschätzung der Zielgruppe klar und positiv von anderen Produkten oder Dienstleistungen unterscheidet.“ David Ogilvys Definition davon lautet kurz: „Was das Produkt leistet – und für wen“, Quelle Wikipedia.

Architektur spricht für sich? Who cares!

Jetzt kommt wieder der typische Einwand: „Unsere Architektur spricht für sich!“ Und was ist, wenn keiner zuhört bzw. es niemanden interessiert? Oder wenn die raumgreifende Botschaft nicht die richtige Zielgruppe erreicht, z.B. potenzielle Bauherren statt der ewig nörgelnden Anwohner? Ihr kennt es ja selbst: Nach neuen Wohnungen schreien alle, aber bitte Not In My Backyard (Nimby)! Der Glaubenssatz „Unsere Architektur erklärt sich von selbst” ist nicht zeitgemäß. Ohne Frage, das Gros der Planer gestaltet wunderbare Gebäude… Daraus lässt sich aber nicht ableiten, Ihr müsstet nichts erklären oder Menschen proaktiv für Eure Projekte begeistern. Das ist unpassend und wirkt dünkelhaft. Architekten sind Dienstleister mit einem Produkt. Auch wenn diese Vorstellung manchem nicht passt oder ungewohnt erscheint. Dazu eine Anekdote aus der Praxis. Hier ist meinem Kunden die Identifikation mit dem „baukulturellen Gut“ offenbar etwas zu Kopf gestiegen.

Von Dünkel und gedanklichen Fehlschlüssen

Welche Informationen über sich Architekten als interessant ansehen und wie diese bei anderen ankommt, zeigt sich hier: Ein junger Architekt, Mitte 30, gründet ein Büro mit einem Geschäftspartner. Außerdem verfügt er über eine Ausbildung zum Schreiner und ist Lehrbeauftragter. Auszug aus unserem Telefonat, nachdem ich einen Textentwurf abgeliefert hatte. Warum Dünkel und Hochmut nicht wirklich taugen für eine sympathische Positionierung, lest selbst.

Architekt: „Wir haben Architektur studiert, das ist wichtig! Das muss in den Text.“

Ich: „Warum?“

Architekt: „Naja, es ist doch interessant, dass wir Akademiker sind. Und wir wollen ja auch nicht für jeden Heti und Pleti bauen.”

Ich: „Aha! Nein, das ist nicht wirklich interessant.“

Architekt: „😳😳😳“

Ich: „Stellen Sie sich vor, ein Anwalt schreibt auf seiner Website: Hey Leute, ich habe Jura studiert, wie toll… Was ist daran herausragend? Auf Sie bezogen: Dass Sie Architektur studiert haben und somit Akademiker sind, ist lediglich die Voraussetzung, diesen Beruf ausüben zu dürfen. Der Werdegang steht dann ja auch in Ihrem Profil. Interessant hingegen ist, dass Sie auch Schreiner sind.”

Architekt: „🤔🤔“

Ich: „Als Schreiner können Sie gleich auch die Inneneinrichtung gestalten oder die Ausbauten liefern. Sie wissen genau, worauf es bei der Planung ankommt. Es ist ein Beleg für Ihre handwerkliche Fähigkeiten oder dass Sie Handwerker und andere Gewerke auf der Baustelle anleiten können. Das ist interessant! Etwa für potentielle Kunden, die sich z.B. Architektur und Innenausbau aus einer Hand wünschen. Oder auch Ihre Dozententätigkeit: Damit zeigen Sie, dass Sie sich um den Nachwuchs kümmern. Das hat nicht jeder vorzuweisen.”

Architekt: „😀Stimmt, danke für den Hinweis und dieses Gespräch.”

In diesem Sinne: Kommuniziert Eure WERTE 🎯, ALLEINSTELLUNG 🎯und erarbeitet Euch eine herausragende POSITION 🎯.   ⁠

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