10plus1 Fragen an Architekturfotograf Philip Kistner – ArchiteXt no 12

Philip Kister: Architekturfotograf mit einer Mission.

Gute Architekturfotografie dokumentiert, vermittelt und kommuniziert die Architektur. Dabei wirken die Fotos manchmal ebenso stilprägend wie die abgebildeten Bauwerke.

Philip Kistner ist Architekturfotograf aus Düsseldorf. Die Projekte seiner Kunden inszeniert er professionell und ausdrucksstark. Somit verhilft er Architekten zu mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und bei potenziellen Bauherren. Außerdem betreibt Philip ein Onlinemagazin sowie ein Verzeichnis für Architekturkommunikation. Womit er sich sonst beschäftigt, was ihn begeistert und inspiriert, verrät er im 10plus1 Interview.

1. Wärst Du nicht Fotograf geworden, dann...?
Vor allem interessieren mich Themen mit einer Schnittmenge aus Kreativität, Gesellschaft und Ökonomie. Wenn mich die Architekturfotografie nicht so glücklich machen würde, dann hätte ich Freude an der Entwicklung von denkmalgeschützten Immobilien. 

2. Wieso hast Du Dich auf Architektur spezialisiert?
Mich begeistert, wie Menschen wohnen und arbeiten und wie die Architektur unsere Umwelt und Lebensräume beeinflusst. Toll ist auch, verschiedene Leute kennenzulernen und etwas über ihre Visionen zu erfahren. Die Fotografie legitimiert meine Neugierde :-). 

3. Du betreibst auf Deiner Website ein Magazin sowie ein Verzeichnis für Architekturkommunikation. Woher kam die Idee und was steckt dahinter?
Das Verzeichnis für Architekturkommunikation ist eine Datenbank, die Architekten hilft, passende Plattformen für die Veröffentlichung ihrer Projekte zu finden. Dazu sind über 500 Magazine, Blogs, Architekturpreise etc. nach Kriterien filterbar. Die Idee entstand aus der einfachen Frage: Wozu wird Architektur überhaupt fotografiert?

Neben der Dokumentation geht es m.E. darum, dass Architekten und deren Bauwerke in der Öffentlichkeit sichtbar werden. Und genau dort setzt das Verzeichnis an, indem es die mühsame Recherche nach passenden Medien vereinfacht. Übrigens: Wer seine Öffentlichkeitsarbeit in gute externe Hände geben möchte, findet im Verzeichnis auch passende Partner. Im Magazin über Architekturfotografie stelle ich eigene Projekte vor und gibt es Interviews mit Architekten. Sie berichten über ihre Arbeit oder den Umgang mit Materialien.

4. Welche Persönlichkeit inspiriert Dich?
Zu meinem größten Einfluss zählt der Architekturfotograf Tomas Riehle. Nachdem ich ihm erst einige Jahre assistierte, verband uns später eine Freundschaft. Schon zu Lebzeiten galt er als ein Klassiker der Architekturfotografie. Mein Verständnis und meinen Blick für und auf Architektur hat er geprägt. Als Tomas 2017 verstarb, hat er menschlich und fachlich eine große Lücke hinterlassen. 

5. Wie schaltest Du ab und kommst zur Ruhe?
Am liebsten beim Kochen, während im Hintergrund gute Musik läuft. Und darüber hinaus sehr gerne beim Joggen. Eine schöne Erinnerungen ist ein langer Lauf durch den Wald bei Vollmond, wolkenlosem Himmel und Neuschnee.

6. Welche Bücher, Magazine oder Musik empfiehlst Du?
Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich keine Musik höre. Ich mag z.B. die britische Band The Smiths aus den 80ern und dann Tocotronic, weil man von Album zu Album neue Facetten entdeckt. Bei Büchern interessiert mich besonders Robert J. Shiller, Ökonom und Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften. Sein aktuelles Buch Narrative Wirtschaft beschäftigt sich damit, wie Narrative (sinnstiftende Erzählungen) das Verhalten von Menschen prägen und damit auch die Wirtschaft.

7. Was ist gute Architektur, was sollte sie zukünftig leisten?
Architektonische Antworten auf die Herausforderungen unserer Gesellschaft finden. Mit dem Wissen um Klimawandel und die steigende Weltbevölkerung sind die Themen sicherlich Großstadt und Verdichtung. Wie bedeutsam das ist, sieht man gut in Monaco. Der Platz zwischen Meer und Bergen ist vollständig ausgebeutet, die Flächen versiegelt. Es fehlt ein ästhetisches Stadtbild und Lebensraum für die Bewohner Monacos. (Anm. der Redaktion: Hierzu gibt es auch einen Artikel und Bildband mit Fotos von Philip Kistner: „Architekturfotografien aus Monaco”. )

8. Was macht für Dich ein gutes Architekturfoto aus?
Die meisten Gebäude erleben wir durch Bilder, ohne sie je selbst besucht zu haben. Gute Architekturfotografie dokumentiert, vermittelt und kommuniziert die Architektur und wirkt dabei manchmal ebenso stilprägend wie die abgebildeten Bauwerke.

9. Hast Du bei Deiner Fotografie ein Lieblingsthema?
Das Thema Großstadt und Hochhäuser fasziniert mich sehr. Als Gegensatz wären es Minihäuser, Hideouts und Rückzugsräume mitten in der Natur. Beides ist spannend.

10. Du hast als Kreativer und Mensch drei Wünsche frei…?
Als Mensch wünsche ich mir mehr gegenseitige Wertschätzung und weniger Spaltung innerhalb in der Gesellschaft. Als Fotograf würde ich manchmal gerne fliegen können und hoffentlich bleibe ich immer neugierig.  

11. Was hast Du 2021 vor, was erwartet uns?
Ich freue mich sehr auf das neue Jahr und bin voller Tatendrang. Gerade habe ich in eine High-End-Drohne investiert, um für meine Kunden neue Perspektiven und spektakuläre Ansichten einzufangen. Somit sind auch Luftaufnahmen in der gewohnten Qualität umsetzbar. Das Set-Up hat zum Beispiel wechselbare Objektive und ermöglicht einen vielseitigen Einsatz vom Cityscape bis hin zum Fassadendetail in 100 Metern Höhe. Da schlägt mein Herz des Architekturfotografen höher und sicher auch das des Architekten :-). Und natürlich freue ich mich darauf, wenn sich die aktuelle Situation der Pandemie wieder normalisiert. Dann entstehen endlich wieder viele persönliche Kontakte und interessante Fotoproduktionen.

 

◾ Alle Information zu Philip Kistner, dem Onlinemagazin und Verzeichnis findet Ihr unter philipkistner.com, folgt ihm auch auf Instagram @philipkistner.

 ◾ Hier geht es zu allen 10&1 Interviews by textart, zum textart Blog.