Achtung Architekten! Wertvolles Feedback von Eurer Zielgruppe zu Kommunikation und Websites

Upper west Berlin, Ksp Jürgen Engler Architekten, Foto: Ute Latzke

Upper west Berlin, Ksp Jürgen Engler Architekten, Foto: Ute Latzke

Architekten erhalten von mir Impulse und Tipps, hier im Blog und auf Instagram. Dort lösten einige meiner Posts Diskussionen aus. Darin ging es u.a. um veraltete Glaubenssätze über das Potenzial von guten (!) Websites und Themen wie Positionierung, Texte und das Social Media-Verhalten. Die Inhalte und Kommentare aus meiner Community habe ich zusammengefasst. Ein wertvolles Feedback, das Ihr aus der Architektur- oder Kommunikationsbranche nicht erhalten werdet. Ganz einfach, weil niemand den richtigen Leuten die richtigen Fragen stellt :-).

Zum Auftakt zwei Studien von Bitkom und der BAK zu Corona und die Folgen. Sie zeigen, wie Unternehmen mit der Digitalisierung umgehen. Während die einen handeln, sitzen Architekten es aus.

 

Corona und die Digitalisierung

75 Prozent der Unternehmen in Deutschland mit mehr als 100 Mitarbeitern investieren während der Krise in digitale Geräte, Technologien und Anwendungen. So lautet das Ergebnis einer Bitkom-Studie von August 2020. Einer Umfrage der BAK unter 6000 Architekturbüros zufolge leiden 30 Prozent unter den Auswirkungen von Corona (Stand April). Bei 52 Prozent wurden Aufträge abgesagt oder zurückgestellt. Im Gegensatz zu den von Bitkom befragten Betrieben hatte die Hälfte der Büros zum Zeitpunkt der Befragung nichts unternommen außer: Zuschüsse beantragen und/oder die Auftraggeber um sofortige Zahlung der Honorar zu bitten.

Architekten fahren digital mit Handbremse

Während inzwischen viele Betriebe die Digitalisierung willkommen heißen, pflegen andere ihre Vorbehalte. Zugegeben, das Gros der Architekturbüros hat weit weniger als 100 Mitarbeiter. Und mancher Planer verfügt (vielleicht) nicht über die finanziellen Mittel. Zumal auch nicht jedes Geschäftsmodell aus dem Onlinemarketing ohne weiteres passt. Auf der anderen Seite: BIM (Building Integration Modeling) setzt sich bei Architekten durch, es wäre fatal, diese Investition zu scheuen: Die integrale Planung ist vielfach längst Standard und BIM wird von Bauherren erwartet. Auch Tools wie VR oder AR (Virtual bzw. Augmented Reality) sind auf dem Vormarsch, etwa um Wettbewerbsentwürfe für die Jury realistischer darzustellen. Überall wird es digital: Wegen Corona werden Qualifizierungsmaßnahmen online angeboten.

Doch was passiert bei Kommunikation, Website, Positionierung und Marketing? Zu wenig! Da tut sich die gesamte Architekturbranche schwer, u.a. wegen selbst erfüllender Prophezeiungen wie: „Bringt alles nichts, … über eine Website kommen doch keine Anfragen! Positionierung und USP – was soll das?” Werber David Ogilvy brachte es auf den Punkt: „Positionierung: Was das Produkt leistet – und für wen.“ Sicher: Manche/r mag sich schwer damit tun, seine/ihre Baukunst als profanes Produkt zu betrachten. Doch am Ende des Tages läuft es darauf hinaus. Zumindest aber sind eine klare Positionierung und stimmige Website und Texte Voraussetzung (!) für mehr Sichtbarkeit bei Bauherren und Öffentlichkeit.

Vertrauen ist Gold wert

Menschen kaufen – lassen Architektur gestalten – nur von Menschen, denen sie vertrauen. Vertrauen ist ein unschätzbarer Wert. Vor dieser Tatsache ist die Zurückhaltung vieler Architekten in Sachen digital kontraproduktiv und löst Befremden aus. In den folgenden Reaktionen kommt das deutlich zum Ausdruck.


Feedback Follower

1. Architekten und Instagram

Toulouser Allee im Quartier Central, Düsseldorf, Foto: Ute Latzke

Toulouser Allee im Quartier Central, Düsseldorf, Foto: Ute Latzke

Darum ging es im Post: Instagram ist mehr als ein erweitertes Bilderportfolio. Interaktion ist der Schlüssel. In der Praxis sieht man auf den Architekten-Accounts unter Posts häufig Kommentare und interessierte Fragen. All das ignorieren Planer, ihre Follower erhalten keine Antwort. Das ist nicht nur unhöflich, sondern verschenktes Potenzial: Ihr wisst nicht, wer sich dahinter verbirgt. Es könnten Entscheider bzw. zukünftige Kunde sein.



Kommentar: „Diese Unart, einen Kommentar unkommentiert stehen zu lassen (insbesondere bei einer Frage!), kenne ich leider auch. Zum Glück nur von einem Account. Aber selbst bei diesem … merke ich, wie mein Interesse schwindet und der Gedanke zu entfolgen nicht mehr fern ist. Und das liegt NICHT am Inhalt, sondern an der mangelnden Kommunikation/Wertschätzung. Hört ihr das, liebe Architekten? Wollt ihr das 🤔.“ sabineschreibt, Texterin Sabine Krömer

2. Websites von Architekten

Innenhof Kolumba Museum von Peter Zhumtor, Foto: Ute Latzke

Darum ging es im Post:

Ein Architekt meinte: „Eine Webseite ist wie ein gutes Werbeschild. Doch meiner Erfahrung nach ist eine gute Empfehlung von ehemaligen Kunden deutlich mehr wert. Nur weil man eine schöne Internetpräsenz hat, ergibt das nicht gleich Traffic und mehr Kunden. Die wenigsten Leute suchen ohne Beweggrund nach Seiten von Architekten⁠.“ Da kennt sich jemand aus 😎! Viel zu wenigen Architekten dämmert es, dass es auch an ihrem Webauftritt oder Texten liegen könnte, wenn Interessenten nicht in Kontakt treten. Man erntet nur, was man sät. ⁠

 

Kommentar: „Was auch ganz oft vergessen wird: Es geht in der Öffentlichkeitsarbeit nicht nur um Neukundengewinnung. Welches junge Talent hat denn Lust, sich in einem Büro zu bewerben, das sich nach außen gar nicht oder nur schlecht präsentiert? Und dann wundert man sich über Fachkräftemangel.⁠.. Dabei können alleine schon ein paar nette Fotos vom eigenen Büro und den Mitarbeitern einen riesigen Unterschied machen. Da sind einige alteingesessene Unternehmen aus der Industrie manchen der Architekten meilenweit voraus!"⁠ gruber_architekturfotografie⁠, Architekturfotograf Lars Gruber

Kommentar:🙌🏼 ich lese gerne mit. Ich habe seit zwölf Jahren meine eigenes Innenberatungbüro und hatte immer eine Website. Diese war immer gut besucht. Jetzt eine neue Firma für acht Monate und jetzt gibt es wieder eine schöne Website.“ beyond_borders_design, Interiordesignerin Marcella Vermeer

Kommentar: „So wahr! Bei vielen Architektenkollegen sehe ich wie schwierig es ist, gute Mitarbeiter zu finden. Nicht umsonst bieten Kammern mittlerweile Kurse im Social Marketing zur Mitarbeitergewinnung an.” brittaweisser, Interiordesignerin Britta Weißer

Kommentar: „Wenn eine Website nicht mehr als ein Werbeschild ist, wundert es mich nicht, dass sie wenig Beachtung findet. Werbeschilder gibt es wie Sand an Meer und genauso rieseln sie auch durch unser Bewusstsein. Eine gute Website – und wir bleiben jetzt mal bei den Architekten – ist wie eine persönliche Einladung ins eigene Büro, nur eben digital. Hier darf ich mich umsehen, fertige Projekte bestaunen, Entwürfe verfolgen, Menschen kennenlernen, die Philosophie des Unternehmens spüren, über Fehler lachen die hin und wieder jedem passieren, den Geschichten lauschen, warum sie das machen was sie machen und die Atmosphäre und den Spirit des Architekturbüros in mich aufnehmen…

… Gefällt es mir hier, bleibe ich und komme gern wieder, insbesondere wenn ich ein aktuelles Projekt habe und einen Architekten brauche. Gefällt es mir nicht, verabschiede ich mich schweigend. Und ob es mir gefällt oder nicht, hängt NICHT ausschließlich am Ergebnis der fertigen Projekte ab. Das ist mir eindeutig zu wenig. Wenn ich dich, lieber Architekt, damit beauftragen will, meinen Traum Bauernhof zu restaurieren, erfährst du viel von mir. Meine Träume, Wünsche, Neigungen, Lifestyle, Sehnsüchte und ich fühle mich unwohl, wenn ich von dir gar nichts weiß. Schon mal darüber nachgedacht 🤔.“
sabineschreibt, Texterin Sabine Krömer

Kommentar: „Ich finde ja, Unternehmer die WebSites „überbewertet“ sehen, sollten einfach ihren Weg gehen. Sie haben es ja nicht mehr weit. Wer hingegen unschlüssig ist, sollte wissen: Bevor ich einen Unternehmer kontaktiere, bewerte ich seine Fähigkeiten und Kompetenz anhand seiner WebSite. Wer an dieser Stelle weder Kreativität noch Sorgfalt zeigt, muss sich gefallen lassen, dass ich das als mentale Grundhaltung in seinem Unternehmen identifiziere und nicht als „professioneller Fokus auf das Wesentliche“. Aber jeder wie er will. „The measure of intelligence is the ability to change.“ — Albert Einstein.wuppertaler_stadtfotograf, Fotograf Thomas Götze

3. Über Perfektionismus

Bundesbahndirektion Wuppertal, Foto: Ute Latzke

Darum ging es im Post: Das Streben nach Perfektion ist ein unerreichbares Ziel!⁠ Es hält davon ab, zu handeln und die Dinge umzusetzen.⁠ In der Zwischenzeit sind die anderen bereits weiter. Nein, nicht, weil sie besser sind, sondern weil sie einfach loslegen und im Prozess optimieren: Sie haben die Website gelauncht, das Blog gestartet, Texte verfasst. Oder sie trauen sich, ein Video mit dem Smartphone zu drehen und auf Instagram, Linked in oder Youtube hochzuladen. ⁠In der digitalen Welt zählen Präsenz und Agilität.⁠ Denn während viele perfekt sein wollen und lieber gar nichts tun, ziehen die anderen lässig vorbei!⁠ Man wird immer besser durchs Tun.

Kommentar: „… ich bin sicher nicht die Einzige, die sich von allzu viel Perfektion einschüchtern lässt. In Bezug auf deine Zielgruppe Architekten wünschte ich mir von ihnen tatsächlich mehr Mensch statt immer nur Ergebnis der Arbeit… da wären wir wieder: Storytelling 💖. Ich sehe zum Beispiel vor meinem inneren Auge Architekten, die mit Gummistiefeln im Matsch der Baustellen Umgebung versuchen, elegant zu schreiten 😁 Und ich sehe Architekten, die über den zahlreichen Vorschriften brüten und sich die Haare wild raufen 😁. Ich sehe Architekten, die voller Stolz ihren Entwurf präsentieren und Bauherren, die verzückt im Entwurf versinken. Ich sehe Architekten, die ein „vorher“ und „nachher“ so präsentieren, dass es keiner weiteren Worte bedarf. Ich sehe… Ach, was könnte ich alles sehen! sabineschreibt, Texterin Sabine Krömer

4. Moderne Architektur

Moderne Kita in Wuppertal, Foto: ute latzke

Darum ging es im Post: In der Bildunterschrift hatte ich 5 Aspekte gelistet, warum viele zeitgemäßes Bauen kritisch sehen. Neben einer gelernten Haltung (alles Alte ist per se schön, das Neue nicht…) und Investoren-Architektur liegt es auch den Architekten selbst: Sie beziehen das Umfeld (Öffentlichkeit) kaum ein und tun wenig, um andere von ihren Ideen zu begeistern. Dazu kamen deutliche Worte, und zwar von einem Architekten.





Kommentar: „Es ist immer wieder sehr schön zu beobachten, wie sich einige Kollegen benehmen. Gestern durfte ich für einen Kunden als Bevollmächtigter in einem WEG Sitzung teilnehmen. Natürlich habe ich mich nicht enttarnt als Architekt. Es sollen zwei neue Hauseingänge in ca. 200 t€ saniert werden. Der hat das so trocken und arrogant vorgetragen, als ob er einen Schloss bauen würde, das ging gar nicht. Für 2 neue Hauseingänge an einem MFH hat er sich zusätzlich geweigert, einen 3D Plan zu erstellen mit Rastersystem und Farbgestaltung, obwohl er 4-stellig dafür bezahlt wird. 😂🤦‍♂️” architekt_selimbas, Architekt Selim Bas.  


5. Zusammenfassung

So, das waren die gesammelten Reaktionen. Diese haben keine Allgemeingültigkeit und es gibt viele Architekten, deren Websites und Texte vorbildlich sind! Trotzdem dürften die Reaktionen der Follower, zumal auch eines Architekten, zum Nachdenken und hoffentlich Handeln anregen.

Fazit: Architekten sind nicht präsent genug und versäumen es, die digitalen Möglichkeiten gezielt zu nutzen. Eine funktionale attraktive Website mit einer professionellen Eigendarstellung haben immer noch die wenigsten. Das gehört jedoch längst zum Standard und ist nichts Besonderes. Es wird sogar von Interessenten erwartet, wie Ihr hier gelesen habt! Dazu gehören auch verständliche und emotionale Texte, die relevante Informationen vermitteln und neugierig machen. Und zwar nicht nur auf die Leistung und Projekte, sondern auch auf die Menschen dahinter.

Gute Architektur realisieren viele der hiesigen 40.000 Büros, also: Warum sollte ein potenzieller Kunde gerade Euch kontaktieren? Weil Ihr Wettbewerbe gewonnen habt? Das haben zig andere auch. Und dabei ebenso viel Mühe, Herzblut und Stunden reingegeben wie Ihr. Ist also kein Alleinstellungsmerkmal, genauso wenig wie die Tatsache, dass Ihr 60 Workingstations im Büro stehen habt. Und: Ob all das den Nachwuchs anspricht? Auch junge Talente überlegen sich ganz genau, wo sie ihre Karriere starten möchten. Das werden Büros sein, die die Digitalisierung als Chance sehen und vorne mitspielen und nicht die Bedenkenträger.

Es geht darum, sich zu positionieren und abzuheben vom Wettbewerber. Und es geht darum, über eine ansprechende Website, Social Media und Networking „Beziehungen” aufzubauen sowie Storytelling zu betreiben und Interessenten zu inspirieren.

Schreibt mir gerne in die Kommentare, ob Euch mein Betrag gefallen hat und was Ihr für Euch mitnehmt. Bei Fragen zu Kommunikationsstrategien sprecht mich gerne an.

Lest auch den Beitrag „Zeitgemäße Architekten polarisiert – immer noch.”

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