10plus1 Fragen an Lars Gruber – ArchiteXt no 6

Lars gruber, Architekturfotograf

Lars gruber, Architekturfotograf

„Ein gutes Architekturfoto muss über die reine Dokumentation hinausgehen, und ein lebendiges Bild des Bauwerks zeichnen.“

Lars Gruber ist als Architekturfotograf ständig auf der Suche nach neuen Wegen, Architektur spannend in Szene zu setzen. Die technischen Möglichkeiten dazu sind heute unbegrenzt, jetzt kommt es darauf an, diese auch kreativ und mit einem stimmigen Konzept zu nutzen. Das ist seine Mission, sein Motto: immer neugierig bleiben!

 

 1. Wärst Du nicht Architekturfotograf geworden wärest, dann...?
… wäre ich trotzdem in der Kreativbranche gelandet. Etwas anderes als Gestaltung ist für mich nicht vorstellbar.  

2. Was begeistert Dich an Deinem Metier und an Architektur?
Aus Sicht des Fotografen ist Architektur kein leichtes Thema, weil ich auf das Objekt keinen Einfluss habe. Stattdessen muss man mit der Umgebung arbeiten, dem Wetter, der Lage im Stadtbild, Personen usw. Manchmal warte ich eine Stunde auf den perfekten Schattenwurf. Im nächsten Moment haste ich um das Gebäude, weil endlich der störende Lieferwagen vor dem Eingang weg ist. Genau diese Mischung aus Kreativität und Spontaneität begeistert mich an meiner Arbeit.

 3. Welche Persönlichkeiten inspirieren Dich, warum?
Künstler, die neue Wege gehen. Die größte Inspiration finde ich in Musik. Ich interessiere mich sehr für die Anfänge neuer Genres und deren Protagonisten. Jazz, Psychedelic Rock, Oldschool Hip-Hop im New York der 80er Jahre. Wenn man sich mit den Geschichten dahinter beschäftigt, stößt man auf unfassbar kreative und starke Persönlichkeiten. Die bewahrten sich meist ihre Neugier und Experimentierfreude bis ins hohe Alter.

 4. Wie schaltest Du ab und kommst zur Ruhe?
Klingt paradox, aber: beim Fotografieren! Tatsächlich besteht der Großteil meiner Arbeit aus Organisation, Telefonieren und E-Mails schreiben. Stehe ich früh morgens in den ersten Sonnenstrahlen vor einem Gebäude, ist mein Kopf frei. Dann konzentriere ich mich nur auf das Bild. In dieser Zeit vergesse ich alles, was mich sonst beschäftigt.

 5. Welche Bücher, Magazine oder Serien empfehlen Sie? Welche/r Song/Musik macht gute Laune?Bücher: die „Vernon Subutex“-Trilogie von Virginie Despentes. Darin geht es um einen plötzlich obdachlosen Plattenladenbesitzer, der nebenbei zum Guru wird. Serien: „Patriot“ auf Amazon, über einen CIA-Auftragsmörder, der mit seinem Schicksal hadert. Abends singt er in Bars als Folksänger unverblümt über seine Berufsgeheimnisse. Song: „Nuclear War“ von Sun Ra, der sich auf ziemlich schräge Art und Weise mit der atomaren Bedrohung auseinandersetzt.

 6. Welches Bauwerk beeindruckt Dich?
Architektur mit einer ausgeprägten Formensprache. Der Mariendom in Neviges von Gottfried Böhm zum Beispiel. Ich bewundere den Mut und die Entschlossenheit, die damals notwendig war, um einen so ausdrucksstarken Entwurf entgegen alle Kritik umzusetzen. Ganz großartig finde ich auch den neuen Bahnhof in Arnheim von UNStudio.

 7. Was ist gute Architektur, was muss sie in Zukunft leisten?
Ich wünsche mir mehr Architektur im öffentlichen Raum. Einer meiner liebsten Orte hier in Darmstadt ist der Georg-Büchner-Platz. Es ist eine wunderschön gestaltete Freifläche mit Blick auf das Staatstheater von > Lederer, Ragnarsdòttir + Oei. Hier kann man sich einfach mal auf die Stufen setzen und die schöne Architektur genießen. Solche Orte gibt es leider viel zu selten.

8. Was macht für Dich ein gutes Architekturfoto aus?
Mit einem Wort: Stimmung. Durch das Licht, den Bildausschnitt, die Menschen, die mit dem Gebäude interagieren. Wir sind als Fotografen gefordert, den Entwurf der Architekten mit unseren eigenen Ideen zu ergänzen. Ein gutes Architekturfoto muss über die reine Dokumentation hinausgehen, und ein lebendiges Bild des Bauwerks zeichnen.

 9. Hast Du bei Deiner Fotografie ein Lieblingsthema?
Ich liebe Projekte, bei denen ich Menschen in die Aufnahmen einbeziehen kann. Vor einiger Zeit habe ich für die Goethe-Uni in Frankfurt den neuen Campus Westend fotografiert (> BLK 2). Die einzige Vorgaben waren, dass die Architektur eine Rolle spielt und das Leben auf dem Campus dazustellen. Bis heute ist das eines meiner Lieblingsprojekte. Es zeigt eindrücklich, wie spannend Architekturfotos wirken, wenn sie das echte Leben einfangen.

10. Du hast als Kreativer/Mensch drei Wünsche frei, welche?
Als Kreativer mehr Mut zur Veränderung. Als Mensch mehr Empathie im Miteinander. Und dass die moderne Technik bald jeden in die Lage versetzt, in allen Sprachen der Welt zu kommunizieren.

 11. Welche Gebäude möchtest Du unbedingt fotografieren?
Das TWA Terminal von Eero Saarinen in New York und die Sheats-Goldstein-Residence von John Lautner in Los Angeles.

◾Infos zu Lars gibt es hier > larsgruber.de und auf Instagram @gruber_architekturfotografie.

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