Eigenmarketing, Sichtbarkeit und Emotionen sichern Architekten den Vorsprung im Wettbewerb

Mit diesem Beitrag möchte ich anregen, das Credo aufzugeben: „Unsere Architektur erklärt sich von selbst.“ Dieser Glaubenssatz nützt niemandem, am wenigsten Architekten. Selbst wenn Projekte preisgekrönt sind und große Strahlkraft haben: Es gibt doch keine Holschuld bei Zielgruppe oder Öffentlichkeit, Informationen von Architekten zu erbitten. Zumal: Es ist doch viel eleganter, von sich aus Interessenten und das Umfeld zu begeistern. Ich empfehle Architekten, dies als Einladung und Chance zu betrachten.

 
 
Sichtbar-ute-latzke.jpg

Mit Euren Webauftritten, frischen Texten, Social Media, Blog, PR-Artikeln oder Veröffentlichungen in Print dürft Ihr Menschen begeistern – für Eure Architektur, Serviceleistung, Kreativität und Mitarbeiter. Das ist doch toll! Was hält Euch davon ab? Es gibt viele, die das für sich erkannt haben. Es sind jene Architekten, die Digitalisierung, Web und Social Media spannend finden und für ihre Zwecke nutzen.

 

Positiv aus dem Wettbewerb herausstechen

Klartext. Als Architekten mögt Ihr bestrebt sein, ‘Baukultur von gesellschaftlicher Relevanz zu erschaffen’. Doch am Ende des Tages verkauft auch Ihr Produkte, nämlich Kreativität, Dienstleistung, Expertise, Planung und schließlich das fertige Objekt. Es geht um Umsatz, Return of Investment und Mitarbeiter, die sich auf Euch verlassen. Dabei steht Ihr im Wettbewerb mit 40.000 Architekturbüros. Es ist also unternehmerische Verpflichtung, gezielt an Kommunikation, Sichtbarkeit und Positionierung zu arbeiten. Da gibt es keine Ausnahmen für Architekten. Dirk Kreuter – Vertriebsprofi und Keynote-Speaker – sagt dazu: „Jeder Anbieter, egal welcher Branche, hat sich in positiver Weise vom Wettbewerb zu differenzieren.“

Renommierte Büros sind schon sichtbar

Die Marktsituation für Architekten in der Topliga mag entspannter sein. Ja, viele dieser großen Büros kommunizieren ebenfalls nicht pro aktiv oder vorbildlich. Hier ist Luft nach oben. Ich wünschte mir mehr Hingabe, Ideen und Verbindlichkeit bei der Kommunikation. Oder dass sie die Begeisterung fürs eigene Metier stärker nach außen tragen. Die Haltung ‘unsere Architektur spricht für sich’ wird hier gepflegt. Nun, oft trifft das zu. Denn diese reputierlichen Architekten stehen längst im Fokus von interessierten Bauherren und Öffentlichkeit. Sie sind weithin sichtbar und für ihre Leistung bekannt und anerkannt. Also werden sie angefragt, zu Wettbewerben eingeladen und erhalten Folgeaufträge. Ihr Neugeschäft läuft also. Doch was ist mit all den anderen, die nicht in der Top 100 oder Top 1000 gelistet sind? Wo steht Ihr im Markt?

Agonie in Sachen Eigenmarketing

Die sind Zeiten längst vorbei, in denen Architekten „ihre Agonie in Sachen Eigenmarketing mit dem Werbeverbot der Kammern begründen... Fast alles, was beliebt, ist heute auch erlaubt". Das schreibt Architekt und Autor Frank Peter Jäger auf Detail-Online bereits im Jahr 2009! Noch einmal: Eure Erfahrung, Leistungen und Referenzen machen Euch aus. Aber auch Eure Werte, Persönlichkeit, Interessen, Einflüsse und Mitarbeiter gehören zum Gesamtbild. Das dürft Ihr gerne pro aktiv kommunizieren. Klappern gehört zum Handwerk, heute noch viel mehr.

Menschen kaufen emotional, nicht rational

Wir alle treffen Kaufentscheidungen emotional und rechtfertigen die Anschaffung anschließend rational. Danach fallen uns überzeugende Argumente ein, warum es ein iPhone sein musste, die teure Handtasche oder ein bestimmtes Fahrzeug. Lässt sich das tatsächlich auf die Architekturbranche übertragen, schließlich handelt es sich hier um große Investitionen? Ich denke schon. Natürlich ist Bauen für die meisten Menschen ein sehr hochpreisiges „Investment“. Sie prüfen, wägen ab, stellen eine Finanzierung auf und lassen sich somit Zeit für Entscheidungen von dieser Tragweite. Trotzdem bleibe ich dabei: Auch und gerade bei der Wahl eines Architekten werden Emotionen den Ausschlag geben. Denn…

Gute Architekten gibt es viele…

Fakt: Es gibt viele gute Büros, die Auswahl und das große Angebot sind unübersichtlich. Gibt man z.B. bei Google „Architektur Traumhaus“ ein, werden in 0,5 Sekunden 4 Mill. Ergebnisse angezeigt. Potenzielle Kunden müssen lange suchen, die Keywords verfeinern und sich durch viele Seiten quälen. Oder sie schauen auf Instagram sowie Architektur- und Wohnmagazine etc. Sollten sie auf den Seiten der Kammern nach einem Architekten suchen? Wer hat schon Lust, sich durch die lange Listen zu arbeiten zumal auf wenig inspirierenden Websites. Dann gibt es die Top 100 oder Top 1000 etwa auf Baunetz oder competition-online. Das ist sicher passend für Entscheider aus den Bereichen Gewerbe und Öffentliche Hand, Bildungsbauten etc. Ja, hier findet man im Wortsinn ausgezeichnete Büros. Es sind aber auch die Üblichen Verdächtigen, die schon Bekanntheit erlangt haben.

Wer schatten werfen will, muss erst herausragen

All das erschwert potentiellen Interessenten (zumal privat), einen passenden Planer zu finden. Wenn dann endlich eine Liste steht mit fünf bis zehn Büros, auf welches fällt dann die Wahl? Bei gleicher Leistung und Qualität setzt sich der Architekt oder Innenarchitekt durch, der präsent ist, vielleicht ähnliche Interessen hat wie der potenzielle Bauherr. Es ist jemand, der Leute inspiriert, nahbar ist, Position bezieht und sich vom Mainstream unterscheidet. Es sind die Planer, die Einblicke geben ins Unternehmen, Gesicht zeigen und aktiv sind in sozialen Netzwerken. Architekten, die positiv herausstechen, vielleicht sogar anecken und damit im Kopf hängen bleiben. Vielleicht ist es auch ein Büro, das die Nachbarschaft zum Richtfest eingeladen hat, anstatt den Neubau still und leise hochzuziehen. Es ist ein Büro, das Kundenstimmen und Referenzen auf der Website präsentiert, das „Social Proof“ zeigt.

Aus gebautem Raum wird erlebter Raum

Fazit: Neben „Baukultur zu erschaffen“ und Kompetenz zu zeigen, geht darum, dass Ihr Menschen emotional berührt und Vertrauen zu erzeugt. Professionelle Kommunikation in Bild und Wort, eine klare Positionierung und Authentizität sind gute Voraussetzungen dafür. Dazu gehört, die Digitalisierung als Chance zu begreifen und sie zu nutzen.

Architektur und Innenarchitektur sind gebauter Raum, geschaffen von Menschen für Menschen. Wenn Eure Kommunikation – visuell und verbal – das erfasst und transportiert, wird daraus „erlebter Raum“. It’s Time To Tell Your Story! Dienstleister wie z.B. Kommunikations- und Vertriebsprofis, Brand- und Webdesigner, Autoren und Texter nehmen Euch diese Baustellen ab.


Schreibt mir gerne einen Kommentar oder hinterlasst mir ein Like, wenn Euch der Beitrag gefallen hat. Empfehlt in gerne weiter. Anbei noch einige meiner Blogartikel als Lesetipps:


◾ Architekten fragen sich immer wieder, warum das Umfeld kritisch auf Projekte reagiert, obwohl sie preisgekrönt sind? Einen Erklärungsversuch gebe ich in dem Beitrag: Zeitgemäße Architektur polarisiert – immer noch, lest doch mal rein.

◾ Warum Glaubenssätze und selbsterfüllende Prophezeiungen Architekten ausbremsen, lest Ihr im Beitrag: Confirmation Bias, selbsterfüllende Prophezeiung und was dagegen hilft. Der Text setzt das Thema dieses Blogartikel fort.

◾ Auch interessant: Follower auf Instagram geben ein Feedback auf die Kommunikation von Architekten.

◾Infos zu textart by ute Latzke® gibt es hier.