10plus1 Fragen an Gabrijela Obert – ArchiteXt no 3

Gabrijela Obert war früher auch Architektin.

Gabrijela Obert war früher auch Architektin.

„Die Geschichte von Gebäuden und die Magie von Architektur zu visualisieren – gerade auch für den Laien – dafür brenne ich.“

Gabrijela Obert ist Architekturfotografin und arbeitete zuvor als Architektin. Die Exil-Berlinerin lebt in Bayern. Ihre Passion für „gebaute Umgebung“ führte Gabrijela zur Architekturfotografie. Mit ihrer Arbeit fängt sie die Geschichte von Gebäuden und Magie von Architektur in Bildern ein – sei es der Neubau eines Star-Architekten, eine Industrieruine oder andere Lost Places.

1. Wenn Du nicht Architektekturfotografin wärest...?
Ich mache jetzt das, was ich schon immer machen wollte. Hilfreich auf dem Weg dahin waren natürlich das Architekturstudium in Deutschland und der Schweiz sowie die Arbeit als Architektin und später Pressereferentin für ein Architekturbüro. Es hat mich zu dem hingeführt, wo ich jetzt bin. Filmemacherin reizt mich auch, wer weiß, was noch alles kommt.  

 2. Wer sind Deine Vorbilder?
Ich versuche meinen eigenen Weg zu gehen,  aber schaue, was rechts und links von mir passiert.

3. Welche Persönlichkeiten inspirieren Dich?
Bernd und Hilla Becher. Gerhard Richter. Karl Lagerfeld.

4. Wie schaltest Du ab und kommst zur Ruhe?
Zuhause auf der Couch oder in der Natur mit meinen Windhunden. Wenn ich in Berlin bin im Café, bei Familie und Freunden oder im Grunewald. Und im Sommer in unserem Strandhaus in Kroatien.

 5. Welche Bücher, Magazine oder Serien gefallen Dir? Welcher Song hebt Deine Stimmung?
Bücher: Valerio Olgiatis Nicht-Referenzielle Architektur, Serien: Upload, Kann man als digitaler „Upload“ den Tod überwinden und in einer digitalen Welt weiter existieren? Für Fans von utopischen/distopischen Geschichten. Matroschka: Wer „Und täglich grüßt das Murmeltier“ mochte, wird diese Serie lieben. Song: der komplette Soundtrack von La La Land.

 6. Welches Bauwerk beeindruckt Dich?
Hans Scharouns Staatsbibliothek (gebaut 1967-1978) in Berlin an der Potsdamer Straße. Scharoun ist es gelungen, einen so großen und trotzdem differenzierten und ansprechenden Raum für seine Nutzer zu schaffen. Ein Ort, der sich behaglich anfühlt wie ein Wohnzimmer ohne einzuengen. Ein Ort der Stille, ohne eine Kirche zu sein. Ein Ort mit so viel Licht, als wäre man im Freien. Und ein Lesesaal mit so viel Freiraum über dem Kopf, um seine Gedanken und Bilder frei zu entfalten. Weniger gefällt mir die Universitätsbibliothek von Herzog und de Meuron in Cottbus, sorry HdM!

 7. Was ist gute Architektur, was muss sie in Zukunft leisten?
Architektur wirkt auf menschliches Verhalten ein über gebaute Räume, Freiflächen, Farben, Formen, überbaute Strukturen. Es sollte darum gehen, das ganze Bild zu betrachten. Architektur muss mehr leisten, als nur Kosten-, Flächen- und Raumeffizienz zu genügen.  Gute Architektur ist für mich eine Umgebung, die auf meine Bedürfnisse eingeht und positiven Einfluss auf mein Leben hat. Wenn Menschen Gebäude nicht als Störfaktor empfinden, sie innen wie außen harmonisch sind und auch in 100 Jahren noch funktionieren.

 8. Was macht für Dich ein gutes Architekturfoto aus?
Wenn das Foto oder die Fotoserie es schafft, die Idee oder die Geschichte eines Gebäudes oder einer gebauten Struktur zu transportieren. Das Gebäude im Bild so zu erfassen, dass der Betrachter die Architektur erfahren und erfühlen kann, ohne selbst vor Ort sein zu müssen. Wenn es gelingt, die Handschrift und des Architekten einzufangen und daraus ein Wiedererkennungswert entsteht.   

9. Du hast drei Wünsche frei, welche?
1. Mehr Utopie wagen. 2. Digitale Entschleunigung und neben all dem Fortschritt die analoge Realität nicht aus den Augen verlieren.  3. Bessere Vernetzung zwischen Stadt und Land. Das gut vernetzte Dorf ist mehr als eine Vision.

 10. Gibt es bei Deiner Fotografie ein Lieblingsthema?
Baustellen zu fotografieren und zu dokumentieren. Für mich gibt es nichts Schöneres und Spannenderes als der Bauprozess, besonders im Rohbau und beim Bauen mit Stahlbeton: der kalte und leicht scharfe Geruch, der beim Abbinden des Betons entsteht, hat etwas Sinnliches. Jede Bautätigkeit gleicht einer Geburt eines Gebäudes: Wenn auf einem Baufeld in der Fläche und dem darüber bestehenden Luftraum eine gebaute Struktur entsteht, die sich später mit Leben füllt.

 11. Welche Gebäude möchtest Du unbedingt sehen und fotografieren?
Die komplette brasilianische Moderne. Von Lucio Costa über Niemeyer, Mendes da Rocha bis zu Lina Bobardi. Sao Paolo und Brasilia. Und den (süd-)osteuropäischen Brutalismus.

◾ Mehr zu Gabrijela findet Ihr hier: www.gabrical.com sowie auf auf Instagram @gabricalphotography

◾ Hier geht es zu allen 10&1 Interviews by textart, zum textart Blog.