10plus1 Fragen an Jörg Stiehler von Map of Architecture – ArchiteXt no8

Jörg Stiehler aus Hamburg, Foto: Christian Kerber

Jörg Stiehler aus Hamburg, Foto: Christian Kerber

„Es ist wichtig, der Architektur eine Plattform zu geben und Baukultur in die Öffentlichkeit zu tragen.”

Jörg Stiehler ist Gründer von Map of Architecture, der Onlineplattform plus Karte für Architektur. Jörg ist fasziniert von Baukultur und möchte diese auch anderen Menschen näher bringen. Selbst einfache Angaben zu Gebäuden sind kaum zu finden. Mit MoA hilft er Architekturbüros und anderen am Bau Beteiligten ihre Projekte vorzustellen und sichtbar werden.

 

1. Wenn Du nicht Grafikdesigner geworden wärst, dann Architekt oder... :-)?
… wohl eher Stadtplaner. Der Blick auf das große Ganze liegt mir mehr.

 2. Woher kommt die Passion für Architektur?  
Bevor ich Grafikdesign studiert habe, war ich Tischler. Dadurch gab es erste Berührungspunkte mit Innenarchitekten. Später ergaben sich viele Kontakte zu Kunststudenten und Architekten an der Dresdener HfbK. Die Entwurfsprozesse faszinierten mich. Das war Anfang/Mitte der 1990er, also in den wilden Jahren nach der Wiedervereinigung. Der Spirit dieser Zeit hat bei mir viel ausgelöst und beeinflusst mich bis heute.

 3. Wie kamst Du auf die Idee, ein Suchportal für Architektur zu entwickeln?
Mit meiner wachsenden Begeisterung für Architektur interessierte mich, wer was geplant hat. Auch um besser zu verstehen, was hinter einem Entwurf steckt. Doch bis dahin ließ sich dieses Wissen nur mühsam recherchieren. Eigentlich ein Unding, wenn man überlegt, wie stark uns Gebäude prägen. Deswegen finde ich es wichtig, der Architektur eine Plattform zu geben und Baukultur in die Öffentlichkeit zu tragen.

4. Welche Persönlichkeit oder Kreativen bewunderst Du?
Da fallen mir viele Architekten ein. Abseits davon finde ich Personen wie Hannsheinz Porst interessant, weil er eine umfangreiche Mitarbeiterbeteiligung bei seinem Unternehmen „Foto Porst“ eingeführt hatte. Auch die Gründer von Google Larry Page + Sergey Brin oder Jeff Bezos von Amazon finde ich bemerkenswert. Sie haben ihre innovativen Ideen und den Mut, neue Wege zu gehen. In der Entwicklung der letzten Jahre sehe ich einiges auch kritisch. 

5. Wie schaltest Du ab und kommst zur Ruhe?
Bei einer Tour mit dem Rennrad. Das kommt im Moment zu kurz. Im Sommer war ich im Erzgebirge wandern, diese Auszeit habe ich sehr genossen.

6. Welche Bücher, Magazine oder Serien oder Songs gefallen Dir?
Das FRAME Magazin hat mich schon früh beeinflusst. Auch deren Architekturableger (MARK) war toll, leider gibt es das nicht mehr. „Baumeister“ habe ich erst vor ein paar Jahren entdeckt und schaue da immer wieder gern rein. Musik spielt bei mir schon immer eine große Rolle. Um mal was Bekannteres zu nennen: „Deichkind“ finde ich mit seinem letzten Album „Wer sagt das denn?“ gut. Einer der Titel heißt „Knallbonbon“, der macht mir immer gute Laune.

7. Was ist gute Architektur?
Andersherum beantwortet: Der „Killer“ ist für mich Eintönigkeit. Leider begünstigen vielen Städte und Gemeinden in Deutschland mit ihrer Bauordnung genau das. Ein Gebäude sollte sich in die Umgebung integrieren. Ich mag aber auch Überraschungen. Die entsteht dann, wenn sich ein Gebäude in seiner Formensprache vom Umfeld absetzt. Und natürlich sollte sich die Architektur an der Nutzung orientieren. Mir scheint manchmal, dass Planern das Raster der Fassade wichtiger ist.

8. Hast Du Tipps, welche Gebäude in Hamburg sehenswert sind?
Hamburg kann mich auch nach 20 Jahren noch überraschen. Denn es gibt versteckte Ecken architektonischen Highlights. Hier meine Top 5 der Hidden Champions unter den Gebäuden:

1) Empfangsgebäude der Lufthansa-Basis Hamburg von Renner Hainke Wirth Zirn Architekten. 2) Die Gebäude aus den 1970ern in der City-Nord z.B. das ehem. Postamt 60 von Ingeborg und Friedrich Spengelin. 3) Das Christianeum, eine Schule von Arne Jacobsen. 4) Der Sitz des Leuchtenherstellers Tobias Grau von Hadi Teherani/BRT. 5) Das Projekt „Goldfisch“ von Trapez Architektur.

9. Was begrenzt Dich in Deiner Vision?
Ich bin glücklich, wieviel ich schon mit MoA geschafft habe. Die Finanzierung muss gesichert werden, aber auch das bekomme ich hin.

10. Welche drei Wünsche hast Du als Unternehmer und Mensch?
1) Dass sich Architekturbüros mehr mit der digitalen Welt beschäftigen und mehr Freude daran haben, sich dort zu zeigen und nahbarer zu werden. 2) Nachhaltigkeit ist wichtig, hier wünsche ich mir eine schnellere Entwicklung. 3) Mehr Humanismus und Gleichberechtigung. Der Wert eines Menschen ist immer gleich, unabhängig von Religion, Hautfarbe, Geschlecht etc. Und wo ist jetzt die Fee zu den drei Wünschen :-)?

 11. Welcher Architekt dürfte Dein Traumhaus bauen und warum?
Schwere Entscheidung: Luigi Snozzi, Renzo Piano oder Zaha Hadid, wenn sie noch lebte? Wichtig ist, dass die Chemie stimmt. Es gibt viele kleine und mittlere Büros, die häufig gar nicht so bekannt sind und tolle und ambitionierte Ideen haben. So einem Büro gebe ich den Vorrang.

◾ Informationen zu Jörg Stiehler gibt es auf Map of Architecture oder hier @map_of_architecture. Übrigens: Alle oben genannten Gebäude aus Hamburg sind dort zu finden, reinschauen lohnt sich!

◾Hier geht es zu allen 10&1 Interviews by textart, zum textart Blog.